Freitag, 17. November 2006
Mit dem Bus nach Búzios
Oi!

Links Bus. Rechts Bus. Vorne Bus. Hinten Bus. Mittendrin Bus. Ich Bus.
Wer einmal in seinem Leben in Rio de Janeiro in einem Stau gesteckt hat, wird nie wieder "dichten" Verkehr in Deutschland kritisieren!



Nachdem ich am Donnerstag Morgen meinen Ipanema-Abschied-Açaí in meiner Stamm-Lanchonete (die Imbissbuden Brasiliens) eingenommen hatte,



machten mein Rucksack und ich uns auf den Weg nach Búzios. Das liegt ca. 200 Kilometer Richtung Osten, und man sollte den Ort in ca. zwei bis drei Stunden mit dem Bus locker erreichen. Allerdings geht der Bus nicht vor meinem Haus los,



wie alle Stadt-Busse, sondern man muss, um mit dem Bus die Stadt zu verlassen, erstmal zur Rodoviária, zum Busbahnhof. Der liegt ganz oben, im Norden von Rio. Ipanema liegt ganz unten, in der Zona Sul... Um den Bus um 13:15 Uhr deshalb "sicher" zu erreichen, bin ich von zuhause schon um 11:30 los. Um 12:45 war der Bus "schon" in Copacabana... Die Strecke laufe ich normalerweise in 15 Minuten.



Es ging wirklich so gut wie gar nix mehr! Immer nur das: Kurzes, aber heftiges Anfahren. Kurzes und noch heftigeres Abbremsen. Und wieder drei Meter geschafft! Und mein Hals passte so langsam nicht mehr zwischen Windschutzscheibe und Heckscheibe des Vorderbusses. Oder zwischen die Fensterscheiben seitlich. Statt entspannt rollend Richtung Búzios schwitzend, halsend und langsam resignierend eingekeilt von Bussen.



Aber langsam, mit dem ersten echten Verkehrsfluss ab Botafogo (inkl. Blick auf den Zuckerhut) und mit der Gewissheit, dass in zwei Stunden noch ein Bus nach Búzios geht, weicht der Unmut dem Erstaunen.
Dem Erstaunen ob der halsbrecherischen Fahrweise ALLER. Und man fragt sich: Welches System wird hier eigentlich gespielt? Nach Verkehrsregeln geht es hier jedenfalls nicht. Es muss eine Art stilles Abkommen geben unter allen motorisierten Cariocas (Bewohner von Rio). Es basiert wohl auf dem Prinzip, dass, wenn ALLE Regeln und Recht missachten, es automatisch zu mehr "Umsicht" kommt. Nur deshalb kracht es nicht. Nicht Defensive ist Trumpf, sondern Offensive! Wie im Futebol. Und nur weil alle so denken, geht es gut.



Aber nicht, dass hier falsche Vorstellungen aufkommen. Busfahren in Rio ist mit das beste, was es gibt (also, wenn man nicht unbedingt zu einer bestimmten Zeit am anderen Ende der Stadt sen muss). Man kommt in jeden Winkel, man muss nicht lange warten, es gehen permanent Busse, es kostet nicht viel, es macht sogar Laune, und es ist sicher. Letztes Jahr bin ich nur Taxi gefahren. Diesmal alles mit Bus. Man wird halt mit jedem mal gelassener.



Und das gelassenste Buserlebnis, das gabs letzten Sonntag in Ipanema: Ein Bus mit Musik drauf. Ein Art Karnevalsparade am Strand lang. Und tausende feiernde, tanzende und mitsingende Leute nebenher laufend. War klasse! Und dabei immer die ganze Zeit lecker eiskaltes Skol aus der Dose getrunken. War mit Douglas da, einem Carioca, den ich letztes Jahr kennengelernt habe. Der hat mich dann auch abends mit nach Baixo Gávea genommen, in ein Viertel, wohin sich im Grunde kein Tourist verirrt. Nette Bars dort, nette Stimmung. Und nette Freundin hat er auch, Simone.



O verdadeiro encenador da nossa vida é o acaso - der wirkliche Regisseur unseres Lebens ist der Zufall. (Aus: Nachtzug nach Lissabon, von Pascal Mercier.) Den Bus um 13:15 Uhr hatte ich verpasst. So stand ich also um 15:15 Uhr an Plataforma 34 der Rodoviária von Rio de Janeiro. Und neben mir auf einmal: Florian! Welcher Florian? Na, der Florian aus meinem Portugiesisch-Kurs bei der VHS...! Geschenkt, drei Euro ins Phrasenschwein, aber der Satz muss sein: So klein ist die Welt!



Er reist zusammen mit seiner Freundin, und jetzt sind wir zusammen in Búzios. Besser so! Denn ich hab so den Verdacht, dass mir dieser hochtouristische und teure Badeort nicht wirklich zusagt... Aber nun hab ich mich erstmal bis Montag eingebucht hier auf der Halbinsel, und bis dahin wird sich zeigen, wie es ist. Links Búzios. Rechs Búzos. Vorne Búzios. Hinten Búzios. Mittendrin Búzios. Ich Búzios.

Até logo
Francão

P.S.: Das Wetter hier ist aber auf jeden Fall super! Wie auch der letzte Tag in Rio. So toll geht die Sonne in Ipanema unter...

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